Warum sind eigentlich so viele gute Ideen im Internet nur für englischsprachige Menschen zugänglich? Wieder einmal haben wir ein tolles Projekt entdeckt, das wir gerne auch in deutscher Sprache sehen würden: OpenIDEO ist eine Online-Plattform für kreative Denker, die gemeinsam Probleme und Herausforderungen lösen wollen.
Welche Herausforderungen? Aus der aktuellen Liste entnehme ich z.B. dass in vielen Teilen der Welt Menschen mit Blutkrebs sterben müssen, weil sie keinen geeigneten Organspender finden. Eine Lösung dafür könnte es sein, mehr Freiwillige zu gewinnen, die sich testen lassen und die bereit sind, ihre Daten in einem so genannten Knochenmarkregister zu hinterlegen. OpenIdeo hat nun für diese Herausforderung (engl. „Challenge“) eine eigene Seite angelegt, auf der Mitglieder 345 „Inspirationen“ hinterlassen haben, aus denen im Laufe einer moderierten Online-Diskussion 287 „Konzepte“ erwachsen sind, die man geprüft und gesiebt hat, bis schließlich Anhand der Zahl der „Applaudierenden“ zehn Gewinner ausgewählt wurden. So könnte man z.B. mit Zahnärzten kooperieren, die am Rande einer Behandlung von dieser Idee erzählen und bei Zustimmung der Patienten mit einem Wattestäbchen einen Abstrich im Mund machen, der zu einem zentralen Register eingeschickt wird. Oder man belohnt potentielle Spender dadurch dass sie weniger lange auf amtliche Dokumente warten müssen wie den Führerschein oder einen Reisepass. Zusätzlich ließen sich diese Dokumente dann mit einem Hinweis versehen, der so ganz nebenbei mit einem Symbol kenntlich macht, dass der Träger dieses Ausweises sich für eine gute Sache engagiert.
Natürlich darf am Ende der Prozedur auch die Umsetzung nicht fehlen: Im letzten Schritt einer „Challenge“ berichten daher die Mitglieder von OpenIDEO von ihren Aktivitäten und Erfolgen, sodass die Gemeinschaft auch eine Rückmeldung bekommt, was das Ganze denn nun gebracht hat. Konsequent setzt OpenIDEO auf all die Möglichkeiten, die das Internet zu bieten hat: So werden aus Kommentaren im Nu Diskussionen. Empfehlungen und Weiterleitungen, Facebook und Twitter helfen, die neuen Ideen in Windeseile zu verbreiten und auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Und am Ende steht sogar eine Redaktion, die die Fäden in der Hand hält und dafür sorgt, dass die Übersicht nicht verloren geht.
Herausforderungen gibt es genug. So sponsert die Provinzregierung von Queensland in Australien ein Projekt, mit dem die Produktion und der Verbrauch von Nahrungsmitteln näher zusammen rücken sollen. Diese Idee des „Think globally, act locally“ haben natürlich auch schon andere gehabt. Hier jedoch sprießen die Ideen zur Umsetzung der hehren Ideale wie Pilze aus dem Boden. Von Aufklebern wie „Ich bin von hier“ über die Vorstellung örtlicher Farmer in Kampagnen und organisierten Besuchen auf dem Bauernhof reichen die Vorschläge bis zur Entwicklung von Miniprogrammen (Apps) für iPhones und andere moderne Handys, sodass deren Benutzer per Knopfdruck wo sie frische Produkte auf den örtlichen Märkten kaufen können.
Die Ideen der Mitglieder werden dabei ähnlich behandelt wie die Inhalte der Wikipedia: Sie stehen allen zur Verfügung und werden nicht etwa patentiert und anderen Menschen vorenthalten. Für die Betreiber der Plattform könnte OpenIDEO trotzdem zum tragfähigen Geschäftsmodell werden, denn schon jetzt haben sie Sponsoren wie Sony, Nokia oder Unilever angezogen, die hier womöglich eine prima Chance sehen, ihre Entwicklungsabteilungen durch diese Art von Crowdsourcing zu ersetzen und Produkte oder Dienstleistungen an den Mann zu bringen.
Klickt man sich durch zu den Köpfen hinter dieser Plattform, so landet man bei der Firma IDEO – und bekommt ziemlich abgedroschene Phrasen zu lesen wie „Als globale Innovationsberatung öffnet IDEO Unternehmen neue Spielräume für Wachstum, zukünftige Geschäftsfelder und Vorteile im Wettbewerb.“ Sei´s drum. Auch mit guten Taten sollte man Geld verdienen dürfen und auch wir wollen uns der Einsicht nicht verweigern: „Entscheidend ist, was hinten ´raus kommt“.