Heute dazugelernt: Hartz IV

Immer schön am Ball bleiben, habe ich mir gedacht und führe heute eine neue Rubrik für mein Blog ein: Unter „Heute dazugelernt“ will ich meine Leser in Zukunft teilhaben lassen an mehr oder weniger neuen Dingen, die mir bemerkenswert erscheinen. Zumeist handelt es sich Neuigkeiten, die ich bei meiner alltäglichen Informationsbeschaffung gelesen, gehört oder gesehen habe. Alles soll möglichst kurz abgehandelt werden und auch meine Quellen gebe ich an, damit Sie wissen, wo´s herkommt. Und los geht´s:

(Badische Zeitung, Thema des Tages) 6,7 Millionen Menschen in Deutschland kriegen Hartz IV, nämlich 2,2 Millionen Langzeitarbeitslose und deren Familien. Momentan bekommen Erwachsene 359 Euro im Monat und Kinder zwischen 215 und 287 Euro. Außerdem gibt´s Zuschüsse für Miete und Heizung. Derzeit kostet diese Art der Stütze den Staat (also uns) 45 Milliarden Euro jährlich. Was ich nicht wusste: Berechnet wird die Höhe des Zuschussen danach, was die ärmsten 20 Prozent der Single-Haushalte verbrauchen, die kein Hartz IV kriegen. Rony Gert Bürckholdt fasst das Problem elegant zusammen und erklärt, warum niemals alle mit den Harzt IV-Sätzen zufrieden sein werden. Dafür müssten nämlich zwei Ziele erfüllt sein, die sich gegenseitig wiedersprechen: Die Sozialverbände wollen eine möglichst hohe „Grundsicherung“ für die Betroffenen. Vertreter der freien Marktwirtschaft und Arbeitsmarktexperten sind jedoch dagegen, dass nicht arbeitende Hartz IV-Empfänger mehr Geld bekommen als Vollzeitbeschäftigte. Bürckholdt spricht vornehm vom „Problem des Arbeitsanreizes“. Es besteht darin, dass es sich für einen Langzeitarbeitslosen erst dann lohnt, eine Vollzeitstelle anzutreten, wenn er damit mehr verdient, als seiner Familie an Hartz IV zusteht – „und dieser Mehrverdienst auch die geringere Freizeit aufwiegt“. Bei Familien mit Kindern liegt die Schwelle bei durchschnittlich 1800 Euro monatlich. Das Institut für Weltwirtschaft Kiel hat zu diesem Problem eine Studie mit dem Titel „Die Hartz-IV-Falle“ veröffentlicht und schlägt unter anderem mehr Kindergeld und Fortbildungsmaßnahmen vor.

Meine Lösung würde anders aussehen: Belohnt Arbeit wieder, indem bundesweit ein Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde eingeführt wird. Jeder, der 40 Stunden die Woche buckelt, könnte dann nicht nur seine Grundbedürfnisse decken (Essen, Kleidung, Wohnung) sondern auch noch genug übrig behalten, um sich ein paar Wünsche zu erfüllen und etwas zur Seite zu legen. Anschließend bitte das gesamte Hartz IV-System entsorgen und durch eine angemessene – von mir aus gerne bedingungslose – Pro-Kopf-Pauschale ersetzen, mit der Grundbedürfnisse (s.o.) bezahlt werden können. Übrigens: Mehr zur Hartz-IV-Debatte bietet diese Sonderseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dort konnte ich unter anderem Nachlesen, wie groß der Anteil der Hartz-IV-Empfänger in den verschiedenen Bundesländern ist. In Berlin ist dies laut FAZ jeder Sechste (!), bei uns in Baden-Württemberg aber nur jeder 20te. Gruß an die Hauptstadt: Diese Art der Umverteilung stinkt mir gewaltig. Zahlen für das Jahr 2006 finden Sie übrigens in dieser Grafik des Statistischen Bundesamtes, und dort gibt´s auch die Pressemitteilung Soziale Mindestsicherung in Deutschland.

Erfreulich war heute für mich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu Hartz IV. Meine Interpretation: Die größte Sozialreform, die es in Deutschland je gegeben hat, ist unrechtmäßig ist, weil die Grundlage der Berechnung willkürlich, undurchsichtig und damit ungerecht ist. Das muss nun bis Ende des Jahres geändert werden und wird sich voraussichtlich in mehr Geld für die Kinder niederschlagen. Hauptsächlich aber bestärkt mich dieses Urteil in dem Glauben, dass die Macher und Umsetzer der Hartz-Reformen, also die Regierungen seit Gerhard Schröder, Murks gemacht haben. Das Bundesverfassungsgericht hat die Voraussetzung geschaffen, diesen Murks zu beseitigen und durch gerechtere Gesetze zu ersetzen.Was geschehen muss, bringt Holger Stelzner in einem Kommentar für die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf den Punkt: „Die Regierung steht vor der Herausforderung, den Sozialstaat zu beschränken, um ihn zu beschützen. Sie muss den Teufelskreis an der Stelle durchbrechen, wo staatliche Fürsorge den Anreiz zu Eigenverantwortung erstickt. Das deutsche Transfersystem muss nicht weiter ausgebaut, sondern grundsätzlich umgebaut werden, um den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu erhalten.“

Wenn ich mir allerdings die Reaktionen der Politnasen anschaue (z.B. beim Staatssender ARD), dann kann ich an solch eine Änderung nicht mehr glauben, als an den Weihnachtsmann.

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