Sieg für den Parteistaat, Niederlage für die Demokratie

Ja, auch ich will meinen Senf dazu geben zur gestrigen Wahl des Bundespräsidenten. Ich bin enttäuscht und wütend, dass wieder einmal die Abgeordneten des Bundestages und zusätzlich die anderen Mitglieder der Bundesversammlung sich einen Dreck darum geschert haben, was das Volk will. Die Bundesbürger nämlich hätten für Joachim Gauck gestimmt, wie zahlreichen Umfragen in den vergangenen Tagen und Wochen zu entnehmen war.

Auch wenn manch ein Kommentator das anders sehen mag wurde m.E. sehr wohl Druck auf die Repräsentanten ausgeübt und es wurde mit wenigen löblichen Ausnahmen strikt entlang der Parteilinien abgestimmt. Auch das ist das Gegenteil dessen, was das Volk will. So hatten sich zuletzt bei einer Umfrage der ARD 62 Prozent für die Direktwahl des obersten Repräsentanten der Republik ausgesprochen.

Leider kam wieder einmal alles anders, und das bisschen Kontrollfunktion, das dem Bundespräsidenten qua Verfassung zusteht, wird Christian Wulff wohl kaum ausnutzen wollen. Er wird sich daran erinnern, wer ihn in dieses Amt gehievt hat. Auch wenn man sich auf die Position zurückzieht, Wulff wäre ebenso „untadelig“ wie Gauck, ging es Angela Merkel doch einzig und alleine darum, jemanden zu installieren, der niemals auf die Idee käme, seine Unterschrift zu verweigern oder gar jenes Parteiensystem in Frage zu stellen, dem er seine Karriere inklusive der Position eines Ersatzkönigs verdankt.

Dass ein Sigmar Gabriel als Kanzler anders gehandelt hätte, bezweifle ich und das Verhalten der Linkspartei war einfach nur schamlos. Ehrlicher wäre es gewesen, den Bundespräsidenten gleich zum Grüßaugust herabzustufen, der direkt dem Kanzleramt unterstellt ist. Noch besser fände ich es, angesichts des Trauerspiels der vergangenen Wochen, das Amt des Bundespräsidenten ersatzlos zu streichen und dessen Etat von derzeit 27,63 Millionen Euro einzusparen. Die Bundesversammlung könnte man dann ebenfalls auflösen, ein Schaden wäre das nicht.

Und der Ex-Bundespräsident Horst Köhler? Wird der sich nun herablassen, dem Volk den wahren Grund für seinen Rücktritt zu verraten? Ach nein, soviel Offenheit dürfen wir wohl kaum erwarten von jemandem, der für seine Verdienste den Rest seines Lebens einen jährlichen „Ehrensold“ von runden 200000 Euro aus der Staatskasse erhält.

6 Kommentare

  1. Man kann sich über die Wahl noch so sehr aufregen, ändern wird sich nichts an der Tatsache, dass der Bundespräsident von den Mitgliedern der Bundesversammlung gewählt wird. Es wäre auch m.E. unsinnig, wenn ein Bundespräsident aus dem rot-grünen Lager die Politik der schwarz-gelben Regierung untergraben könnte. Man sollte nicht vergessen, dass der Bundespräsident diejenigen Gesetzte unterschreiben muss, die die Regierungsparteien in die Wege leiten wollen.

    1. Ich will auch keinen Bundespräsidenten aus dem rot-grünen Lager, sondern ich will einen, der sich dem Land und den Menschen verpflichtet fühlt – und nicht einer Partei.
      Meine Sympathien lagen deshalb bei Gauck, der genau dies schon bewiesen hat.

  2. Was das Volk möchte, interessiert doch die Politiker immer weniger, ich hoffe das es nicht so weit kommt, das es der Politik in Zukunft mal völlig egal sein könnte. Die Tendenz sehe ich aber, das es so kommen wird in einigen Jahren …

  3. Die CDU und Merkel können dieses Ergebnis überhaupt nicht als Sieg nennen! Das sich eine Partei strikt gegen das Volk wiedersetzt und deren Willen ist einfach eine Katastrophe! Die CDU und FDP werden bei der nächsten Wahl einen herben Verlust einbüsen müssen durch solche Aktionen.

  4. Sehr wahrscheinlich liegt es nur daran, dass die Politiker Ihren Bedürfnissen nach Macht und Geld ungehemmt nachgehen.

    Es liegt an uns – den Wählern – ihnen Einhalt zu gebieten.

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