Warnung: Das Weltklima ist in Gefahr

In Genf diskutieren derzeit Wissenschaftler und Politiker – weitgehend getrennt – über die möglichen Folgen des menschgemachten Treibhauseffektes. Grundlage der Diskussion bilden die Ergebnisse des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), eines Expertengremiums von 170 führenden Klimaforschern aus 25 Ländern. Auftraggeber der in ihrem Umfang bisher einmaligen Studie waren das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und die „World Meteorological Organisation„.

Geballter Sachverstand: Die Wissenschaftler des IPCC arbeiteten jahrzehntelang ehrenamtlich zu den Ursachen und Folgen von Klimawandel und globaler Erwärung (Von unbekannt – Vektordaten & Logo von ipcc.ch via Wikipedia)

Nach den Worten von John Houghton, der maßgeblich an der Studie beteiligt war, stellen die Resultate des IPCC die derzeit maßgebliche Meinung der wissenschaftlichen Gemeinde dar und dienen damit als Wissensbasis für die Politiker, die sich jetzt Gedanken machen müssen über die erforderlichen Maßnahmen zur Kontrolle des Treibhauseffektes.

Dieser Effekt ist die Grundlage dafür, dass Leben auf der Erde überhaupt möglich ist. Kurzweilige Strahlung von der Sonne durchdringt die Atmosphäre relativ ungehindert. Landmassen und Ozeane nehmen diese Form der Energie auf und geben sie teilweise wieder ab, allerdings in Form langweiliger Infrarotstrahlung, welche die Atmosphäre nicht mehr ungehindert durchdringen kann.

Eine Reihe natürlicher Spurengase wie Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan, Stickoxide und Ozon „versperren“ den Weg der Strahlung in den Weltraum und sorgen so dafür, dass die Erde um 33 Grad wärmer ist, als ohne diese Spurengase – ein „Treibhaus“ also, das Wärme speichert.

Problematisch wird dieser natürliche Prozess erst dadurch, dass eine Vermehrung der Treibhausgase zu einem drastischen Anstieg der globalen Temperaturen führen kann. Die Zunahme dieser Gase seit dem Beginn des industriellen Zeitalters ist verhältnismäßig leicht zu messen und wird nicht in Frage gestellt.

Kohlendioxid, das den größten Anteil an den treibhausrelevanten Gasen ausmacht, wurde vor 1800 noch in Konzentrationen von 280 ppm („parts per million“, also millionstel Teile) gemessen. Heute beträgt die Konzentration 353 ppm und wächst jährlich um weitere zwei Prozent. Jährlich setzt die Menschheit 20 Milliarden Tonnen Kohlendioxid frei und verbrennt dabei so viel Öl, Kohle und Gas, wie die Natur in einer Million Jahren geschaffen hat. Auch die Menge an Methan hat sich seit Ende des 19 Jahrhunderts mehr als verdoppelt.

Die zu erwartende globale Erwärmung der Erde wird nicht mehr angezweifelt. Doch welche Wege führen aus dieser Gefahr?

Die Experten des IPCC haben diese und eine Vielzahl anderer Zahlen für Modellrechnungen benutzt, um möglichst zuverlässige Aussagen über das Klima der Zukunft treffen zu können. Die gesamte Studie beschäftigt sich mit drei Fragestellungen: Arbeitsgruppe I, hat die vorliegenden Informationen zu Klimaänderungen zusammengetragen und ausgewertet. Eine zweite Arbeitsgruppe sollte aus diesen Daten Vorhersagen ableiten über die Auswirkungen der erwarteten Klimaänderungen auf Umwelt, Landwirtschaft und die Erdbevölkerung im Ganzen. Die dritte Arbeitsgruppe schließlich hatte die Aufgabe, den politischen Entscheidungsträgern Maßnahmen aufzuzeigen, mit denen die drohende Klimaänderung am sinnvollsten zu verhindern wäre.

Die Wissenschaftler sind sich darin einig, dass die Temperatur auf unserem Planeten während der nächsten Jahrzehnte ständig weiter ansteigen wird, und zwar unabhängig davon, ob die Freisetzung von Treibhausgasen jetzt drastisch reduziert wird, oder nicht. Diese scheinbar paradoxe Situation erklärt sich aus der Tatsache, dass die meisten Gase, die zum Treibhauseffekt beitragen, jahrzehntelang in der Atmosphäre verbleiben. Reduktionen, die jetzt erfolgen, werden also erst im nächsten Jahrtausend spürbare Auswirkungen haben.

Auch wenn die Prognosen der Wissenschaftler noch mit vielen Fragezeichen versehen sind, wird die globale Erwärmung auf 0,3 Grad Celsius pro Jahrzehnt geschätzt. Dieser Vorgang wird über hundert Jahre anhalten, wenn jetzt keine drastischen Maßnahmen ergriffen werden. Die Erwärmung der Erde wird dann größer sein als alles, was in den letzten 10.000 Jahren beobachtet wurde.

Schon während der letzten hundert Jahre hat sich Erde um 0,3 bis 0,6 Grad erwärmt. Die fünf wärmsten Jahre seit Beginn einer globalen Wetterbeobachtung lagen alle zwischen 1980 und 1990. Die beobachtete Erwärmung stimmt mit den Klimamodellen gut überein, bewegt sich aber noch in derselben Größenordnung wie die natürlichen Schwankungen des Klimas.

Das „Signal“, also das Ansteigen der Temperaturen in Bereiche, die außerhalb der natürlichen Schwankungsbreite liegen, wurde bisher noch nicht beobachtet. Nach Meinung der Wissenschaftler ist dies allerdings nur noch eine Frage der Zeit: „Wahrscheinlich wird das Signal in den nächsten zehn Jahren noch nicht beobachtet werden“, heißt es in der Zusammenfassung der Ergebnisse. „Dann aber werden die zu erwartenden Klimaänderungen noch stärker sein als heute“, betonen die Klimatologen.

Die Klimatologen haben sich aber nicht nur mit düsteren Prophezeiungen zufriedengegeben, die beschreiben, was passiert, wenn weiterhin gigantische Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre geschleudert werden, wenn Tropenwälder abgeholzt werden und die Bevölkerung um das Jahr 2050 die Zehn-Milliarden-Marke überschreitet. Zwei Szenarien werden beschrieben, mit denen ein Ausweg möglich erscheint. Sollten diese Szenarien umgesetzt werden, wird der beobachtete Trend gegen Mitte des 21. Jahrhunderts abbrechen. Spät, aber vielleicht nicht zu spät.

(erscheinen in der WELT am 31. Oktober 1990. Letzte Aktualisierung am 29. April 2017)

Was ist daraus geworden? Leider ist das Thema „Globale Erwärmung“ zu einem traurigen Lehrstück geworden, wie Lobbyisten erfolgreich Zweifel sähen, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu diskreditieren und handfeste Empfehlungen an die Politik zu unterlaufen. Nach 27 Jahren sind sämtliche Vorhersagen der Klimaforscher eingetroffen. Im gleichen Zeitraum wurden die meisten Gegenmaßnahmen sabotiert oder sind im Sand verlaufen, weil sich die größten Umweltverschmutzer vor ihrer Verantwortung drücken. Die Rechnung werden die nächsten Generationen zahlen – vor allem in den armen Ländern.

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